Schwester Maria Amabilis Lummerstorfer

„Gott im anderen Menschen finden“

Schwester Maria Amabilis Lummerstorfer

„Menschen sollten sich mit Freude begegnen und sich gegenseitig anschauen… auch wenn es nur kurz ist. Die Menschen freuen sich, wenn man lächelt.“

Amabilis bedeutet „die Liebenswürdige“ und wie sehr dieser Name zu Schwester Maria Amabilis Lummerstorfer passt, spürt man bereits beim ersten Blickkontakt. Sie begann sich am Ende der Fürsorgeschule für das Leben im Kloster zu interessieren und ist 1955 im Alter von 21 Jahren in den Orden eingetreten.

Vor ihr hatten sich bereits mehrere Tanten für ein Leben im Kloster entschieden und so fiel ihr nach der Matura und der Ausbildung zur Fürsorgerin die eigene Wahl noch etwas leichter. Von den Schwestern vom Guten Hirten hatte sie unter anderem durch eine wahre Geschichte erfahren, bei der es um eine mit 80 Jahren verstorbene Dame ging. Die Frau war einst als uneinsichtiger Schützling der „Guten Hirtinnen“ aufgewachsen, der dort unbedingt weg wollte. Als es nicht mehr weiterging, wurde das Mädchen von einer Schwester zur Pforte gebracht und mit den Worten verabschiedet: „Ich kann jetzt nicht mehr für Dich tun,außer für Dich zu beten“. Diese Worte hatte das Mädchen offenbar ihr gesamtes Leben nicht mehr vergessen, obwohl sie ein sehr umtriebiges Leben fernab der Kirche geführt haben soll. Als sie auf dem Sterbebett lag, wünschte sie sich dennoch einen Priester. Dieser hat sie dann gefragt, woher denn ihr plötzlicher Sinneswandel käme. Dann erzählte ihm die Frau von den Guten Hirtinnen, und dass dort immer jemand für sie gebetet habe.

„Diese Geschichte hat mich derart beeindruckt, dass ich mich damals für die Schwestern vom Guten Hirten entschieden habe“, erinnert sich Schwester Maria Amabilis, die aufgrund ihrer Ausbildung sehr gerne mit Mädchen aus schwierigen Verhältnissen arbeiten wollte. Außerdem war es immer ihr Wunsch, viele Kinder um sich zu haben, weil sie mit acht Geschwistern aufgewachsen ist.

„Ich habe die Mädchen echt geliebt und etliche rufen mich heute immer noch an. Ab und zu besuchen sie mich und erzählen mir aus ihrem Leben. Dabei merke ich, dass ich wohl einen guten Einfluss auf sie hatte.“ Solche Begegnungen zählen zu ihren schönsten Erinnerungen und ihr größter Wunsch ist, dass keines „ihrer Mädchen“ vom rechten Weg abkommt. „Ich bin halt eine „Gute Hirtin“ und fühle mich mit dem Namen meines Ordens sehr verbunden.“

Nach ihrem Start in Graz bei den Mädchen im Heim wirkte Schwester Maria Amabilis noch in einigen anderen Häusern des Ordens in Salzburg, Imst, Baumgartenberg, Feldkirch und Wien. Schon bald wurde ihr nahegelegt, ein Psychologiestudium zu absolvieren, um den Mädchen noch besser helfen zu können. „Der Mädchen wegen habe ich mich mit dem Studium sehr beeilt, damit ich schnell wieder zurückkehren konnte.“

Als sich in den 90er Jahren die Rechtslage bezüglich der Unterbringung von Mädchen in Heimen änderte, übernahm Schwester Amabilis andere Aufgaben.

„Die damalige Provinzleiterin hat mich nach Wien geschickt, um mir dort eine neue Herausforderung zu suchen“. Fündig wurde sie bei der Caritas und dem damaligen Direktor Helmut Schüller. „Ich habe Menschen besucht, die sich zuvor mit einem Brief an die Caritas gewandt hatten, und deren Motivation von der Caritas nicht eingeordnet werden konnten. Ich habe das gerne gemacht, weil ich dadurch mit Mädchen und Frauen in Kontakt gekommen bin.“ Nach einiger Zeit wurde Schwester Amabilis bei der Caritas in Wien mit Zustimmung der Provinzleiterin Bereichsleiterin für die offene Sozialarbeit.

Als Botschaft für ihre Mitmenschen wünscht sie sich eine möglichst große Offenheit für Begegnungen: „Menschen sollten sich mit Freude begegnen und sich gegenseitig  anschauen… auch wenn es nur kurz ist. Die Menschen freuen sich, wenn man lächelt. Ein kurzer Augenkontakt kann schon etwas Positives bewirken. Berührt ist das Gegenüber immer. Deshalb gehe ich auch sehr gerne in die Stadt und mache Erledigungen für meine Mitschwestern.“ Schwester Amabilis schließt alle Menschen in ihr Gebet ein, denen sie tagsüber begegnet ist.

Aus heutiger Sicht würde sie sich „auf jeden Fall wieder für dieses Leben entscheiden“. Das gelte vor allem, „wenn ich für die Mädchen da sein kann und in erster Linie natürlich für Gott. Aber ich kann nicht 24 Stunden am Tag beten und ich finde Gott ja nicht nur in mir, sondern auch im anderen Menschen. Ich bewege mich ja in Gott.“

„Ich kann nicht 24 Stunden am Tag beten. Ich finde Gott nicht nur in mir, auch im anderen Menschen. Ich bewege mich ja in Gott.“