Schwester Hildegard Gasser

„Zeit für Gott und die Gemeinschaft“

Schwester Hildegard Gasser

„Liebe ist das Wichtigste. Einfach da sein für die Menschen und für Gott – Tag für Tag.“

Die Idee für ein Leben in einem Schwesternorden kam Schwester Hildegard Gasser schon als junges Mädchen. In ihrer Kindheit begegnete sie den Schwestern vom Heiligen Kreuz, den so genannten Menzinger Schwestern. „Dort lernten wir Handarbeiten und Turnen“, erinnert sie sich. Ihre Familie lebte zusammen mit ihren sechs jüngeren Geschwistern in der Nähe eines kontemplativen Klosters, zu dessen Schwestern sie ebenfalls Kontakte pflegte. Hinzu kam, dass auch ihre Mutter sehr religiös war und sie täglich gemeinsam die Heilige Messe besuchten.

„Ich bin religiös erzogen worden, aber nicht mit dem Ziel, in einem Kloster zu leben. Wenn man dann in diese Richtung geht, ist das eine Berufung. Freude an der Religion, an der Meditation und an religiöser Gemeinschaft sind dafür die Voraussetzungen.“ Ein geschlossenes Kloster wäre für Schwester Hildegard aber nicht in Frage gekommen. „Ich wollte nicht nur beten, sondern auch etwas tun.“

Den Orden der „Schwestern vom Guten Hirten“ lernte sie durch ein Dienstmädchen kennen, das in ihrer Familie arbeitete. Das Charisma dieser Gemeinschaft gefiel ihr und so trat sie am 1. Mai 1955 in Altstätten ein. „Es war eine Freude das Richtige gefunden zu haben.“ Nach ihrem Noviziat im Mutterhaus in Angers/Frankreich verbrachte sie zwei Jahre in Strasbourg, bevor sie 1963 Gruppenerzieherin in Altstätten wurde. Diese Aufgabe übernahm sie bis 1968, gefolgt von einer dreijährigen Tätigkeit als Lehrerin. Zwischen 1971 und 1973 besuchte sie außerdem ein Seminar in Brig.

1974 begann ein neunjähriger Aufenthalt als Lehrerin in Altstätten. Die Zeit zwischen Februar und Mai 1984 verbrachte sie am päpstlichen Institut Regina Mundi in Rom. Es folgten weitere sechs Jahre in Altstätten, von denen sie zwischen 1986 und 1989 als Oberin wirkte. 1989 übernahm sie die Buchhaltung und das Sekretariat in Fribourg. Ihre nächste Station hieß Zürich, wo sie zwischen 1990 und 2018 lebte. Danach kehrte Schwester Hildegard nach Fribourg zurück.

Dass sie jetzt mit 85 Jahren noch denken, lesen und die Nachrichten verfolgen kann, erfüllt sie mit Dankbarkeit. Für ihre persönliche Zukunft wünscht sie sich, dass sie im Kloster und in der Gemeinschaft bleiben kann und „dass ich die Freiheit habe, für Gott da zu sein“. In der Gemeinschaft mit ihren Mitschwestern spricht Schwester Hildegard nicht viel. „Man hat sich nicht so viel zu sagen, wir kennen uns schließlich.“ Sie höre lieber zu, was gesprochen wird und „wenn ich was beitragen kann, sage ich es“, beschreibt sie ihre Haltung. „Ich bin in der Gegenwart Gottes meistens still und lasse kommen, was kommt – ich möchte ganz auf Gott hören.“ Sie genießt auch die Gemeinschaft mit den Schwestern – mit guten Gesprächen und auch mal mit Spielen. „Gott hat uns auch das gegeben ….“

Wenn es Veränderungen gibt, könne sie sich gut hineinleben und einfügen. „Mit unseren Mädchen musste man auch immer sehen, wie man zurechtkommt.“ Mit ihren Schützlingen hat sie sich immer verstanden und es war „ein gutes gegenseitiges Auskommen“. Sie habe niemals versucht, die Mädchen oder andere Mitmenschen zum Glauben zu zwingen. „Jeder muss spüren, dass er sich frei entscheiden kann“, ist Schwester Hildegard überzeugt. Das Leben und Lehren im Orden sei ihre Berufung gewesen.

Aus heutiger Sicht würde sich Schwester Hildegard „erneut für dieses Leben entscheiden. Es entspricht meinem Lebenswunsch und meinen Empfindungen. Ich bin glücklich dabei.“ Gerade im Alter habe sie nun Zeit für die Gemeinschaft und für Gott und die Mitmenschen die mit ihr leben.

„Ich bin in der Gegenwart Gottes meistens still und lasse kommen, was kommt. Ich habe keine eigenen Gedanken, sondern höre auf Gott.“