Schwester Theresia Pfiffner

„Ich bin überall zu Hause“

Schwester Theresia Pfiffner

„Wenn die Menschheit den Glauben verliert und keine Zeit mehr hat zu beten, dann gehen wir in eine einsame Zukunft.“

Für das Ordensleben entschied sich Schwester Theresia Pfiffner bereits während des zweiten Weltkriegs. Aufgewachsen ist sie im Kanton St. Gallen als das jüngste von sieben Kindern. „Ich habe nichts anderes gekannt, als ins Kloster zu gehen und mich ganz hinzugeben.“ Von Anfang an sei es ihre Berufung gewesen, zumal auch ihre Schwester in einem Kloster lebte. „Das hat mich inspiriert, auch so zu leben.“

Nach ihrem Schulabschluss verbrachte sie zunächst ein Welschlandjahr* in Genf, um die französische Sprache zu lernen. „Wegen des Krieges wollte meine Mutter, dass ich nach Hause komme. Ich war dann die erste Lehrtochter meiner Schwester, die sich als Schneiderin niedergelassen hatte.“ In dieser Zeit machte sie auch ihre ersten aktiven Erfahrungen mit einem Orden: „Ich durfte meine Schwester in ihrer „Blauring-Gruppe“ vertreten und hatte bald darauf eine eigene „Blauring-Gruppe“ mit Sechstklässlern. Damals gehörte die Jugendorganisation „Blauring“ noch zur Marianischen Kongregation.

Nach ihrem Berufsabschluss als Damenschneiderin im Jahr 1945 absolvierte sie Praktika in verschiedenen Kinder- und Jugendheimen. „Während dieser Zeit kämpfte und rang ich mit mir selbst und um die Gnade Gottes und gelangte schließlich als Kandidatin zum Orden Unserer Frau von der Liebe des Guten Hirten.“ Ihre Mutter war kurz zuvor plötzlich gestorben und Sr. Theresia als jüngste Tochter hatte noch keine Aussteuer, welche für den Eintritt in vielen Orden mitzubringen wurde. „Bei den Schwestern vom Guten Hirten war das nicht üblich.“ Ihr Eintritt erfolgte am 24. April 1946 in Altstätten im Alter von 21 Jahren.

Nach ihrem Noviziat besuchte sie ab 1948 das Heilpädagogische Seminar an der Universität St. Gallen, um 1950 in Altstätten als Gruppenerzieherin zu beginnen. „Ich habe viel gelernt und der Orden hatte mir Weiterbildung ermöglicht. Es war eine anstrengende, aber auch eine gute Zeit.“ 1958 wurde Schwester Theresia zur Präfektin ernannt und fünf Jahre später für sechs Jahre zur Oberin. Nach dem Ende ihrer Amtszeit in Altstätten arbeitete sie von 1970 bis 1972 als Provinzrätin und von 1972 bis 1974 als Sekretärin im Generalat in Rom. 1975 kehrte sie für drei Jahre als Gruppenerzieherin nach Altstätten zurück.

1978 befand sich die Heimerziehung im Umbruch und die Schwestern vom Guten Hirten suchten sich neue Aufgaben. In diesem Zuge engagierte sich Schwester Theresia elf Jahre im Wohnheim „Foyer de Sierre“ in der Jugendbetreuung und leitete Französischkurse. Zwischen 1990 und 1993 arbeitete sie als Sekretärin bei Pro Filia, die in der Schweiz unter anderem die „SOS Bahnhof-Hilfe“ organisiert und Sprachschulen mit Fokus auf nachhaltige Betreuung der jungen Menschen und der Gastfamilien betreibt. Ihre berufliche Laufbahn beendete Schwester Theresia mit ihrer Arbeit als Sekretärin im „Justinus-Werk“ in Fribourg, das in der Schweiz den interkulturellen und interreligiösen Dialog fördert. 2009 setzte sie sich im Alter von 84 Jahren zur Ruhe.

Angesichts ihrer vielen beruflichen Stationen stellt sie fest, dass sie immer annehmen konnte, was auf sie zugekommen ist. „Ich bin überall zu Hause und ich rate auch meinen Mitmenschen, sich hinzugeben und für alles bereit zu sein – weil es von Gott kommt. Wenn mir die Oberin etwas sagt, dann macht sie das im Auftrag Gottes. Dieses Vertrauen hatte ich nie verloren.“ Vor diesem Hintergrund hat sie auch zu keinem Zeitpunkt daran gezweifelt, dass sie für sich den richtigen Weg eingeschlagen hatte. „Hinter allem steht der Wille Gottes, wenn ich diesen annehme, dann geht es mir gut.“

Für die Menschen wünscht sie sich, dass wieder mehr junge Menschen den Ordensberuf wählen. „Wenn die Menschheit den Glauben verliert und keine Zeit mehr hat zu beten, dann gehen wir in eine einsame Zukunft.“

*Das sogenannte Welschlandjahr bezeichnete den Aufenthalt von Deutschschweizer Jugendlichen nach der obligatorischen Schulzeit in der auch Welschland genannten Romandie, dem französischen Sprachraum der Schweiz.

„Ich konnte immer annehmen, was auf mich zugekommen ist. Ich rate auch meinen Mitmenschen, sich hinzugeben und für alles bereit zu sein – weil es von Gott kommt.“